von Vassil Svechtarov
Ein Stück der Autobahn ist erleuchtet und als wir aus der langgezogenen Kurve kommen, liegt der Mond in seinem letzten Viertel entspannt auf den Strahlen der Straßenlampen. Aus unseren Kehlen sprudelt, als wenn wir geübt hätten, ein und der selbe Satz, synchron und aus Überzeugung, welche nichts mit Fachkenntnissen und Nachplappern von Kritiken zu tun hat, sondern mit der Spontanität, die vom Herzen diktiert wird. Welcher Satz das war, verrate ich gleich, zuerst muss ich kurz ausholen, warum wir überhaupt mitten in der Nacht den Mond über Luxemburg betrachten.
Wir sind auf dem Heimweg in die Eifel. Waren den ganzen Nachmittag in Frankreich, in Nancy. Im Gepäckraum klimpern zwar ein paar Kisten Rotwein, aber der eigentliche Grund unseren Ausflugs war die jährliche Lichtshow auf dem Place Stanislas. Natürlich hätten wir nicht unbedingt im letzten Augenblick fahren müssen – die Show läuft Woche um Woche, der Eintritt ist „frei“ – zumindest wird nicht direkt erklärt warum sonst ein Glas Bier neun Euro zu kosten hat. Aber Letzteres scheint die Hunderte von Besuchern und zugleich Zuschauer nicht im Geringsten zu stören – „sehen und gesehen werden“ hat auch hier Geltung.
Die, um die Laserprojektionen benötigte Dunkelheit hat schon ihren Mantel gestrickt und um Viertel vor Elf ist es soweit: ein Effekt nach dem Anderen – Regen und hohe See nehmen die Gebäude auseinander und der Wind stellt sie wieder zusammen; Herbstblätter wirbeln zwischen antiken Säulen und riesige Kraken strecken deren Tentakeln dem Himmel empor. Die House-Musik dröhnt über dem Platz und trägt genau so wenig zum Dramaturgischen bei, wie auch die angereihten Effekte. Es dient ja nur dem einen Grund – der Unterhaltung – den Zuschauer, zumindest für kurze Zeit, zu verblüffen und zu hypnotisieren, die Zeit welche der Verstand braucht um zu begreifen, dass er getäuscht wird, dass nur Form und kein Inhalt, nur Schein und kein Sein manifestiert werden.
Jedenfalls wird uns der Mond mit seiner gelben Sichel über die Straßenlaternen in seiner unantastbaren Selbstverständlichkeit, mit seiner Jahrmillionen alten Weisheit über die Vergänglichkeit, länger im Sinn bleiben.
Und unser spontaner Ausruf dazu war: „Guck mal, da kommt die richtige Lichtshow!“